65. Das ist eine Zahl, die vor zwei Wochen noch nach einer relativ günstigen Inzidenz klang. Heute ist das die Zahl der noch verbliebenen aktuell Infizierten im Landkreis Harburg. Die Inzidenz hat sich in der gleichen Zeit im Wochentakt ungefähr halbiert. Sie steht heute bei 11. Und da fehlt keine Null oder so. Wir sind kurz davor, eine einstellige Inzidenz zu bekommen.
Seit der Landkreis am 14. Oktober letzten Jahres das erste Mal die Inzidenz auswies, war die Inzidenz nie auch nur ansatzweise so niedrig. 23 war der niedrigste Wert im letzten Oktober, bevor es Richtung Winter immer mehr und dann auch dreistellig wurde. Seit dem 14. Mai ist sie unter 50, seit dem 18. Mai unter 35. Seit vergangenem Mittwoch unter 20 und nun eben beinahe unter 10. Wohlgemerkt während soviel getestet wird wie nie! Die letzten 14 Tage gab es außerdem nur noch einen weiteren Toten.
Es wirkt, als befände sich die Pandemie auf dem Weg in die Sommerpause. Es wird jetzt allen Orten so getan, als sei sie damit dann auch vorbei. Das erinnert mich etwas an das vergangene Jahr, wo die Regierung so getan hatte, als sei die Pandemie vorbei und sich dann im Überschwang folgerichtig auch eher halbherzig um die Organisation der Impfkampagne inklusive des Impfstoffeinkaufs gekümmert hatte.
Geimpft wird jetzt zumindest weiter wie verrückt. Und vielleicht ist es ja wirklich so, dass die Pandemie nach diesem Sommer nicht mehr zurückkehrt. Glaube ich aber erst, wenn es soweit ist.
Die öffentliche Debatte wird aktuell von der Frage bestimmt, ob Kinder geimpft werden sollten, dürfen, müssten. Unglaublich, wie schwachsinnig da teilweise argumentiert wird. Natürlich sind es einmal mehr die Impfgegner, die es quasi für Kindesmisshandlung halten, Menschen unter 18 zu impfen. Das ist logisch, denn sie hielten es ja auch schon für Massenmord, Menschen über 80 per Impfung vor schweren Erkrankungen zu schützen. Ich frage mich ja, ob man solche Formen von Geisteskrankheit nicht irgendwie behandeln könnte.
Weiterhin spricht kein Mensch von einer Impfpflicht – außer der Impfgegner.
Davon abgesehen schwingt die Regierung auf einen Impfpopulismus ein, der in der Tendenz die Abstände zwischen den Impfungen immer kürzer macht, damit die Leute auch ja in den Urlaub fahren können – bevor sie dann im September gut erholt zur Bundestagswahl gehen können. Parallel dazu wird auch die Priorisierung immer mehr aufgehoben. Selten zeigt sich, wie populistisch und postfaktisch Regierungen unterwegs sein können, als in solchen Krisenzeiten, in denen die Krise akut im Griff ist und es also Spielräume für vermeintliche Geschenke gibt…
Mir solls egal sein, mein zweiter Impftermin ist in ein paar Wochen und dann hat sich das Thema für mich persönlich erstmal erledigt. Aber nachdem es da so ein Getue gab, wo noch vor Wochen aus einzelnen Dosen, die an den Nächstbesten verimpft wurden, bundesweite Skandale wurden, der Begriff des „Impfneids“ erfunden wurde und überhaupt diese von vornherein fragwürdige Reihenfolge bei der Priorisierung so dermaßen für essenziell erklärt wurde, dass selbst die Feuerwehr erst jetzt im Mai mal an die Reihe kam, weil man ja ach so viele besonders gefährdete Personen noch auf der Liste gehabt hätte, wundert es einen schon, dass das alles auf einmal egal bis scheißegal wird, weil die Wahlen näherrücken und ein versauter Urlaub sicher nicht zu unrecht als etwas befürchtet wird, was zu Unmut gegenüber der Bundesregierung führen könnte. So wenig überraschend das auch ist aber ich finde es schon schäbig, wie die Impfungen jetzt zum Wahlkampfgag degradiert werden.
Ulkig ist übrigens, dass der Landkreis die Maskenpflichten an den Bahnhöfen in Winsen und Buchholz verlängert hat. Ich habe bestimmt irgendwo mal vermerkt, wann diese in Kraft traten. Ich weiß nicht mehr, ob das November oder erst Dezember war aber jedenfalls war das eine Phase, in der die Inzidenzen wirklich hoch waren. Jetzt muss man Infizierte mit der Lupe suchen und selbst in der Lüneburger Fußgängerzone gibts keine Maskenpflicht mehr – aber auf den Plätzen vor den Bahnhöfen? Okay…
Es gilt dann jetzt ansonsten die 3-Haushalte-Regel und Leute, die geimpft sind, zählen einfach nicht mehr dazu. Das wird dazu führen, dass nach und nach die Runden, in denen man sich zusammenfinden darf, wachsen werden. Heute ist Freitag und ich bin von meinem vollen Impfschutz am kommenden Montag noch 14 Tage entfernt – zumindest medizinisch gesehen. Rechtlich sinds drei Wochen, weil die Bundesregierung in ihrer unendlichen Weisheit beschlossen hat, dass einfach pauschal für jeden Impfstoff die 14 Tage von Astra Zeneca gelten – auch wenn Biontech nach 7 Tagen da ist und Johnson & Johnson nach 28. Das verstehe wer will.
Aber vielleicht auch egal beim aktuellen Wetter, das sowieso nicht dazu einlädt, sich in größeren Runden zusammenzufinden. Es regnet jeden Tag mehrfach, es ist zumindest abends und nachts immer noch recht kühl und nur manchmal ist es tagsüber mal ein paar Stunden angenehm sonnig. Insgesamt hat das mit Sommer noch nicht viel zu tun und muss noch erheblich besser werden, bevor es einem wirklich leid tut, dass man nichts unternehmen darf.
Und beides, also dass man nichts unternehmen darf und dass das Wetter beschissen ist, könnte sich ja nun mal fast zeitgleich nach und nach verbessern.
Und danach gucken wir mal, ob Corona in Pandemieform wirklich Geschichte ist.